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Von Grebbin nach Pinnow

Dienstag, 27. August 2019

Von Grebbin nach Pinnow

Warnow-Tag 1: Die herrenlose Hochebene
gefahren im: August 2019
Start: Grebbin, Warnowquelle/Domsühl, Bahnhof
Ziel: Pinnow, altes Bauernhaus
Länge: 55 km
Warnowquerungen: 1
Ufer: fast nur links
Landschaft: Hochebene mit Stoppelfeldern, Mühlen und Findlingen
Wegbeschaffenheit: I don't like sand.
Steigungen: ein paar bei Crivitz
Wetter: heiß
Wind: leichter Seitenwind
Größte Hürde: Hunger bei Barnin und Crivitz
Highlight der Strecke: Baden im Barniner See
Zitat des Tages: "Echt, dahin fährt ein Zug?"

Ich kenne jetzt zwei komplette große deutsche Flüsse fern meiner Heimat, aber noch nicht den kleinen Fluss in meiner Heimatstadt. Das wollte ich gern ändern.

Die Warnow entspringt in einem Dorf namens Grebbin in Mecklenburg. Der nächste Bahnhof befindet sich fünf Kilometer südlich in Domsühl. "Dahin fährt ein Zug?", fragte mich meine Familie verblüfft, als ich meine Reisepläne darlegte. Ja, dahin fährt ein Zug. Zwar nur ein winziger Zug der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG), in der neben uns noch drei andere Menschen saßen, aber ja, dahin fährt ein Zug.
In einem Buch aus dem Jahr 2000 habe ich gelesen, dass der Fluss früher in einem verfallenen Kuhstall entsprang, den man nicht betreten konnte (im Bild hinten). Mittlerweile ist der Kuhstall restauriert und wird bewohnt, die Quelle wurde offenbar ein Stück nach vorn versetzt, damit sie nicht im Wohnzimmer der neuen Hausbewohner aus dem Boden sprudelt. Stattdessen plätschert das Wasser in den Mauern der ehemaligen Dorfschmiede unter einer Steinplatte hervor. Obendrauf steht ein Amboss aus Holz.

Komplettiert wird die Quelle durch eine Rasthütte, eine Infotafel und eine Minimühle. Diese reiche Ausstattung hat mich total überrascht, wo es doch nicht mal einen Radweg dazu gibt.

Grebbin hat auch richtige Windmühlen, und zwar alte und neue. Die funktionieren hier sehr gut, denn die Warnow entspringt auf einer Hochebene, also quasi. Wenn man die knapp 100 Meter hohen Hügel in Mecklenburg als Berge bezeichnet (wie es die Mecklenburger ja auch tun), dann ist das eine Hochebene.

Dann bildet die Warnow einen kleinen Teich und fließt an der Dorfstraße entlang. Dort war sie aber erstmal ausgetrocknet.

Das Flüsschen windet sich im Zickzack durch die Felder und wird von Entwässerungsgräben gesäumt.

Wie schon erwähnt, einen richtigen Warnowradweg gibt es nicht. Deswegen habe ich einfach auf Google Maps und einer älteren Fahrradkarte der Schweriner Umgebung diejenigen Wege herausgesucht, die mehr oder weniger am dichtesten am Fluss verlaufen. Diese Strategie brachte jedoch gewisse Probleme mit sich.
Wie erwartet war in den Dörfern auch nicht besonders viel los. In Kossebade hat jemand diese Blechmänner gebastelt und an den Straßenrand gestellt.

Die Warnow ist vollständig unter Entengrütze und anderem Grünzeug verborgen.

In Zölkow steht dieses Haus. Das war einst der Familienstammsitz meiner Vorfahren, aber mittlerweile gehört es jemand anderem. Von meiner Oma wurde ich beauftragt, es mir anzusehen, was ich auch brav getan habe.
Anschließend sind wir über die Bundesstraße gefahren.

Dann führt zum ersten Mal eine Straße direkt neben der Warnow entlang. Die hat mittlerweile schon ordentlich zugenommen. Ab Zölkow könnte man mit kleinen Booten sogar schon auf dem flachen schwarzen Wasser paddeln. Schatten gäbe es jedenfalls genug.

Die Dörfer haben alle so eine kleine, dickliche Kirche aus Feldsteinen. Für eine Kirche, die komplett aus gebrannten Backsteinen besteht, hatten meist nur die Städte das nötige Geld. Die Kirche in Kladrum sticht mit ihrem spitzen Turm und ihrem blauen Zifferblatt hervor.

Ein anderes auffälliges Gebäude ist das Schloss in Bülow, wo der Bürgermeister drinsitzt.

Hinter Bülow fuhren wir in den Wald. Auf einem Schild erklärten uns die Tiere des Waldes auf lange, ausführliche und poetische Weise, dass wir doch bitte nur tagsüber und auf den Wegen fahren sollten. Na, wenn sich die Tiere so viel Mühe geben und sich extra so viele Reime ausdenken, dann machen wir das doch gerne.

Die Wegqualität beschreibe ich hier mal mit dem Worten von Anakin Skywalker: I don't like sand. Es war nicht ganz einfach, auf dem weichen Untergrund voranzukommen.

Ab und zu tauchten auch mal Fahrradschilder auf, die uns aber nur bedingt halfen. R15, R12, R 16... ähm, nie gehört, keine Ahnung, was das für Radwege sind, aber sie führen offenbar für einige Zeit in unsere Richtung.

Die Warnow fließt neben uns über eine Wiese. Wir konnten sie immer nur punktuell auf irgendwelchen Brücken sehen oder irgendwo rechts in der Ferne.

Dort hinten wird die Warnow dann stark begradigt und mündet in den Barniner See.
Ab hier gibt es theoretisch einen sogenannten Warnowtal-Rundweg. Der führt von Rostock zum Barniner See runter und woanders wieder hoch. Das sind aber auch nur irgendwelche Straßen, die jemand auf einer Karte im Internet markiert und zum Rundweg ernannt hat. Vor Ort ist davon nichts zu merken.

Der Barniner See ist gar nicht mal so klein, aber im Vergleich zu den anderen Seen der Mecklenburger Seenplatte eher unbekannt. Dabei fanden wir ihn eigentlich sehr schön. Er hat eine längliche, geschwungene Form.
Die Warnow fließt im Nordosten in den See rein und gegenüber im Nordwesten wieder heraus.

An der Südspitze ist der Barniner See über den Amtsgraben mit dem Crivitzer See verbunden.
Rundherum zieht sich ein Gürtel aus Wald und Schilf. Wir sind dem Ostufer gen Süden bis nach Barnin gefolgt, wo dieser Gürtel eine Lücke hat. Dort befindet sich eine Badestelle mit einer Schwimminsel. Weil das Wetter so warm war, sind wir eine Runde geschwommen, kurz auf die Schwimminsel geklettert - und gleich wieder runter, weil jeder Quadratzentimeter der blauen Plastikfläche als öffentliche Vogeltoilette dient. Auf dem Steg konnten wir die spitzen Steine und Wasserpflanzen am Ufer umgehen. 

Außerdem gibt es in Barnin noch ein geschlossenes Restaurant und einen Campingplatz mit einem gemütlichen kleinen Café, das geöffnet war. Wir konnten uns also immerhin mit Kaffee und zwei Sorten Kuchen stärken.

Eine vollwertige Mahlzeit ist das aber natürlich nicht. Deshalb sind wir ab nach Crivitz gedüst in der Hoffnung, zumindest dort etwas Richtiges zum Essen zu finden. Dazu durchquerten wir einen Wald mit den sogenannten Crivitzer Bergen. Die sind nicht allzu steil, jedenfalls solange die Gangschaltung funktioniert.

Tja, und das ist Crivitz. Diese Kleinstadt liegt unter der Südspitze des Barniner Sees. Sie besteht vor allem aus öden, monotonen Backsteinmauern. Es war ein warmer, freundlicher Augustabend, aber Crivitz wirkte selbst zu diesem Zeitpunkt einfach nur traurig und langweilig. Die Endung -itz deutet darauf hin, dass hier mal ein slawischer Hohepriester gelebt hat. Aber der ist mittlerweile auch aus dieser gottverlassenen Stadt geflohen.

Auf dem Marktplatz stehen ein paar Fachwerkhäuser. Die richtigen Restaurants waren geschlossen und die Dönerbude servierte eine unbekömmliche Pizza mit fragwürdigem Käse.

Schnell wieder raus da! Zurück auf die Landstraße, wieder über die Bundesstraße und ab nach Norden. Ursprünglich wollten wir auf einem Waldweg am Westufer des Barniner Sees hoch. Wir fanden den entsprechenden Waldweg aber nicht. Also blieben wir etwas länger auf der Straße, bis wir wieder auf die Warnow stießen, welche den See bereits verlassen hat.

Und nun entdeckten wir das erste Tal der Warnow. Es hat einen etwas sperrigen Namen: Warnowtal bei der Rönkendorfer Mühle. Dabei ist das Tal spektakulärer, als der Name ahnen lässt. Das grüne Wasser fließt um stehende und umgestürzten Bäume herum, zwischen steil abfallenden Hängen voller Laub. Es ist extrem grün, viel grüner als die anderen Täler in Mecklenburg. Und das Beste: Wir hatten einen tollen Blick darauf, während wir einige Meter weiter oben radelten.

Als wir die nächste Straße kreuzten, folgte auch schon Tal Nummero zwei: Das Warnowtal bei Gädenbehn. Hier wird das Wasser ein bisschen wilder, es sprudelt um Steine und bildet ein paar kleine Stromschnellen. Das haben wir aber wieder nur punktuell auf einer Brücke gesehen, denn einen parallelen Waldweg gibt es nun nicht mehr.

Also fuhren wir auf einer Straße mit zahlreichen Verkehrsinseln entlang.
Die Warnow fließt hier ziemlich schnurgerade in Richtung Westen und mündet fast schon in den Schweriner See - aber nur fast! Beinahe in letzter Sekunde entscheidet sie sich anders und wendet sich nach Norden, weil ihr wohl klar wird, dass Rostock vielleicht doch ein bisschen cooler ist als Schwerin.

Nahe an diesem Wendepunkt liegt das idyllische Dorf Pinnow.
Hier durften wir auf dem Grundstück von Anne und Günther zelten, die uns sehr gastfreundlich aufgenommen haben. Wir verbrachten die Nacht gemeinsam mit ein paar neugierigen Kühen, die ihre Nasen durch den Zaun steckten, einer Katze, die nachts um das Zelt strich (und zwar wortwörtlich, sie kuschelte mit der Zeltwand), und einer Weinbergschnecke, die unter dem Überzelt Schutz vor dem Regen suchte.

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